Grün
09

Presse zu den Wahlen 2009



Plötzlich Gemeinderat
Sebastian Kiefer ist mit 18 Jahren der
jüngste Gewählte in Winnenden.

Waiblinger Kreiszeitung vom 19.06.09

Sebastian Kiefer, jüngster Stadtrat, spielt Schlagzeug in der Musikschul-Big-Band. Bild: Schneider
Winnenden. Man kann zurückgehen bis 1994 und findet in Winnenden keinen Stadtrat, der so jung ist wie Sebastian Kiefer: 18 Jahre alt. So früh eine 28 000-Einwohner-Stadt mitzuregieren - das passiert nicht jedem, und auch für Kiefer kommt die Wahl doch überraschend. Er hatte sich kein Programm zurechtgelegt für seine Gemeinderatszeit, keine Wahlversprechen abgegeben, und er lässt jetzt die Arbeit im Rat einfach mal auf sich zukommen, bereitet sich nur mit seinen Kollegen von der Alternativen Liste vor.

Ein Stratege ist er gar nicht, der jüngste Stadtrat. Obwohl er durchaus Erfahrung hat, mit Wahlen und mit Arbeit in Gremien. Zwei Jahre lang arbeitete er im Jugendgemeinderat mit. „Vielleicht wird manches im Gemeinderat ähnlich ablaufen. Nur: Jetzt ist meine Stimme wirklich viel wert. Der Gemeinderat entscheidet, was geschieht in der Stadt.“ Aber welche Entscheidungsbefugnis, wie viel Einfluss der Gemeinderat wirklich hat - darüber weiß Kiefer noch gar nicht viel. Er sagt sich: „Ich werde schon zu einigen Themen eine Meinung entwickeln und die dann auch klar sagen.“

„Mit diesem Wahlergebnis habe ich nicht gerechnet“, sagt er. Ein Nachbar, Lehrer von Beruf und ebenfalls ALi-Kandidat, hatte ihn angesprochen, es wären noch ein paar Plätze frei auf der Liste. Also sagte er mal zu. „Die Aussicht, gewählt zu werden, war ja gering.“ In den Wochen vor der Wahl und am Wahltag selbst weilte Kiefer in den USA, um seine Gastfamilie aus früherer Zeit nochmals zu besuchen. Am Zähltag kam die erste E-Mail mit dem Stichwort „Glückwunsch“ und dann die zweite und dritte, und so erfuhr Sebastian in Amerika, dass er in den Rat der Stadt gewählt ist. „Ich freu mich drauf“, sagt er jetzt.

Mitschüler gratulieren und machen ihre Witze

Seine Mitschüler haben ihn beglückwünscht und machen ihre Witze mit dem Stadtrat in den eigenen Reihen: „Hier könnte die Mittellinie mal ausgebessert werden. Kannst du in der Sitzung vorbringen, gell.“ Aber Sebastian weiß auch, dass sie ihn gewählt haben: „Das sagen sie mir.“

Woher kommen seine 1808 Stimmen?

Sebastian Kiefer kennt keine Erklärung, forscht auch nicht groß nach. Am Hungerberg, wo er mit seiner Familie seit drei Jahren wohnt, muss er viele Stimmen bekommen haben. Ansonsten vermutet er eben das immer gültige Prinzip: „Man wählt halt den, den man kennt.“
Kiefer wurde in Radolfzell am Bodensee geboren, hatte dann die längste Zeit seiner Kindheit, praktisch von der ersten Klasse an, in Hertmannsweiler gewohnt, spielte dort bei den Fußballern mit und hilft heute noch manchmal in der A-Jugend-Mannschaft aus. Vor drei Jahren zog die Familie an den Hungerberg um, und Sebastian Kiefer wurde Basketballer beim TSV Schwaikheim. Schlagzeug lernt er seit vielen Jahren an der Musikschule, macht den Rhythmus in der Big Band, trat schon mit dem Marimbafon auf. Am Lessing-Gymnasium beteiligt er sich schon länger in der Schülermitverwaltung und wurde vor einigen Monaten zum Schülersprecher gewählt.

So fügt sich eins zum anderen und erhöht den Bekanntheitsgrad. Kiefer ist auch nicht der Typ, der jedes Wochenende nach Stuttgart tigern würde. „Ich bleibe gern in Winnenden, treffe mich mit ein paar Leuten in einer Kneipe. Nur wenn mich meine Kumpels drängen, gehe ich mal wieder mit nach Stuttgart.“ Und die Oper lockt ihn auch regelmäßig in die Landeshauptstadt, dort hat er manchmal eine Statistenrolle, und früher sang er im Kinderchor der Oper mit.

Die Themen Kultur und Musikschule sind Kiefer wichtig

Kultur wird eines seiner Themen werden im Gemeinderat. Er macht sich Gedanken um die Musikschule, weil er sie sehr gut kennt: „Das Niveau ist gut. Mir gefällt der Schlagzeugunterricht, den ich bekomme, das Orchester ist gut.“ Nur das Gebäude sei nicht optimal, vor allem fehle ein richtiger Vortragsraum. „Im Gemeinderat werde ich erfahren, was hier möglich ist. Ganz toll finde ich das Musikschulgebäude von Fellbach, aber das kann man mit Winnenden nicht vergleichen.“ Sport ist sein nächstes Thema und da imponiert ihm der alte Gemeinderat sehr, weil er die dritte Sporthalle vorangetrieben und beschlossen hat.
Im nächsten Jahr macht Sebastian Kiefer Abitur, und dann kommt die Frage auf: Bleibt er in Winnenden und damit im Gemeinderat? Garantieren kann er’s nicht, aber er will’s versuchen. „Ich möchte die Musik zu meinem Beruf machen, Schlagzeug studieren, möglichst Jazzschlagzeug.“ Bei der Musterung wurde er ausgemustert, so dass keine Bundeswehrzeit ansteht. Möglich ist, dass er sich nach dem Abitur ein Jahr in Winnenden aufs Studium und die Aufnahmeprüfung vorbereitet. Danach wäre sein Wunsch ein Studienplatz in Stuttgart mit Wohnsitz in Winnenden.